Am 29. und 30.11.2018 fand das alljährliche Treffen der Fachgruppe "Requirements Engineering" der Gesellschaft für Informatik statt.
http://fg-re.gi.de/treffen/treffen-2018.html
Dieses Jahr war ich nur am Donnerstag (29.11.) mit dabei. Die Folien der Vorträge sind auf der Webseite des Treffens verlinkt und können dort heruntergeladen werden.
In seinem Keynote-Vortrag erklärte Thorsten Weyer das "Requirements Engineering in der Entwicklung selbstlernender autonomer Systeme". Die Diskussion kreiste um die Trennung von Problem und Lösung und darum, wie man sicherstellen kann, dass die technische Lösung das fachliche Problem auch dann richtig löst, wenn das System autonom ist und lernt. Da bei der Entwicklung unweigerlich Annahmen gemacht werden und man nicht sicherstellen kann, dass diese immer gelten, muss das autonome System oder auch ein sich selbst organisierender Systemverbund (autopoietische Systeme) auch mit gebrochenen Annahmen umgehen können. Nötig wird darum ein Requirements Engineering der vierten Generation, das auf Technologiewissen basiert, Komplexität beherrscht, Modelle und Formalismen gekonnt einsetzt.
Matthias Koch berichtete über "Jenseits von Workshops: Neue Wege zur Einbindung von Nutzern". Der Hintergrund dieses Vortrags sind Erfahrungen, die bei einem Projekt zur Digitalisierung von Dörfern gemacht wurde. Hier ist es besonders schwierig, die Betroffenen zu Beteiligten zu machen. Darum wurden verschiedene innovative Formate entwickelt für Anforderungserhebungsworkshops, aber auch für Gespräche auf dem Wochenmarkt.
Norbert Seyff stellte in dem Vortrag "FAME: Kombinieren von Feedback- und Monitoringdaten für die Anforderungsermittlung" das Open Source Werkzeug FAME (Feedback Acquisition and Monitoring Enabler) vor. Dieses erlaubt die kombinierte Auswertung von Benutzer-Feedback und Monitoringdaten. Daraus wird eine Ontologie erstellt und hieraus dann Anforderungen. Ausgewertet wurden im Projekt Supersede die Daten von 5185 Benutzern eines Portals, konkret 957 260 Klicks und 31 Feedbacknotizen von 24 Benutzern. Von dem Feedback waren 16 relevant für die Anforderungsermittlung, und es konnten 19 Anforderungen daraus abgeleitet werden. Zusätzlich wurde anhand der Logdaten (konkret: Zeit, die Benutzer mit einem Feature verbringen und die Häufigkeit der Nutzung) die Wichtigkeit dieser Anforderungen bewertet. Dabei stellte es sich heraus, dass viele der Anforderungen Features betreffen, die nur von wenigen genutzt werden.
Das Supersede-Projekt finden Sie hier
https://www.supersede.eu/downloads/supersede-method-explorer/
und FAME ist bei Github verwaltet:
https://github.com/supersede-project/monitor_feedback
Chris Rupp trug vor über "Crowd-basiertes Requirements-Engineering" und die Erfahrungen der Sophisten mit der Suche nach Anforderungen für die siebte Auflage ihres Requirements Engineering-Buchs durch eine Befragung der Zielgruppe. Insgesamt 11.000 Einladungen wurden über zahlreiche Kanäle versendet und es konnten 31 Teilnehmer gefunden werden. Diese machten zahlreiche Vorschläge mit der üblichen Verteilung: Ein paar wenige schreiben sehr viel, die anderen hinterlassen jeweils nur einen Kommentar. Diese interessierten Stakeholder, "Unicorns" genannt, wurden anschließend noch kontaktiert und interviewt.