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"Da kommen Sie doch nie hin!"

Kurz vor Weihnachten habe ich mich auf meine lange geplante Wander-Challenge aka Pilgerreise begeben. Ich will zu Fuß bis nach St. Maries sur Mer. Etappenweise, denn ich habe ja nur wenige kursfreie Wochen. Dieses Jahr waren es drei (eine im August und zwei jetzt über die Feiertage). Und auch da kann ich nicht die ganze Woche pilgern, weil ich ja noch andere Jobs habe. Den Neckar bin ich in zehn Jahren entlang gewandert, und der war kürzer. Aber egal. Ich bin gestartet. Als ich in Stuttgart-Vaihingen Eingeborene nach dem Weg fragte und erklärte, ich wolle nach Tübingen, hieß es spontan: "Aber da kommen Sie ja nie hin!" Das sind 35 Kilometer. An einem guten Tag schaffe ich es an einem Stück. Sonntag war allerdings kein guter Tag, weil ich noch bis zwei Uhr morgens gearbeitet hatte und erst spät los kam. Darum erreichte ich Tübingen erst am zweiten Tag, also gestern. Aber dieses "Das wirst Du niemals schaffen" zieht sich wie ein roter Faden durch mein Leben. Und wieder frage ich mich ganz feministisch, ob er das auch gesagt hätte, wenn ich ein Mann wäre. Würde man einem Mann sagen, dass er es niemals schaffen wird, von Stuttgart nach Tübingen zu wandern? Ich meine, man muss dafür nichts tun als einen Fuß vor den anderen zu setzen. Vermutlich war mit "nie" aber eher gemeint "Das dauert unzumutbar lange. Ich würde das nicht versuchen." Keine Ahnung. Aber ich höre sowas nicht gerne.

Fakt ist aber, dass ich in zwei Tagen sogar bis Wurmlingen gekommen bin, und das obwohl ich an beiden Tagen später los kam als ich wollte. Ich musste noch Schlaf nachholen. In der Nacht von Sonntag auf Montag ratzte ich volle zwölf Stunden durch. Und das lag nicht nur an dem, was ich gerne "Sauerstoffvergiftung" nenne. Ich bin echt ein wenig abgeschafft. Jede Woche die Hektik, die Schulungen für die nächste Woche vorzubereiten, die Klausuren und Masterarbeiten zu korrigieren und so weiter. Das entwickelt eine enorme Eigendynamik. Wenn ich nicht jeden Tag eine Hausarbeit korrigiere und aus dem Trott komme, werde ich überschwemmt.

Wie dem auch sei, ich bin jetzt über die Feiertage sehr fleißig und wandere während der kursfreien Zeit nochmal los. Die viele frische Luft, die Bewegung, der Blick in die Ferne, die Herausforderung, das hat echt gut getan! Ich fühle mich so lebendig wie lange nicht mehr. Das hat mein Gehirn kräftig durchgespült.

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