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Diskriminierung: So klappt das

Nach jahrezehntelanger Erfahrung mit Diskriminierung ist es vielleicht mal an der Zeit, damit ich die simplen, aber unfehlbaren Tricks der Diskriminierung offen lege, wie ich sie beobachten musste. Nicht um damit Leute zu inspirieren, die ernsthaft in die Diskriminierung einsteigen möchte. Wie ich gerne ironisch sage: "Das liegt ja auch nicht jedem." Nein, um die Opfer darauf aufmerksam zu machen, damit sie den Mist durchschauen. Das hilft nämlich immerhin bei der defensiven Selbstverteidigung. Das rettet einem zwar auch nicht den Hals, aber hält einen davon ab, verrückt zu werden.

Zunächst mal ganz wichtig: Ich spreche hier von absichtlicher Diskriminierung. Eigentlich jeder übt versehentliche Diskriminierung aus. Wenn verschiedene Menschen dasselbe tun, nehmen wir das unterschiedlich wahr. Alle haben wir Vorurteile oder auch statistisch nicht signifikante Erfahrungen anhand kleiner Stichproben oder auch extremer Einzelfälle gemacht. Es ist sehr schwer zu verhindern, dass man andere Menschen nicht diskriminiert, also unterschiedlich behandelt. Auch das, was ich als "wohlwollende Diskriminierung" bezeichne, ist nicht so toll. Wenn der Chef der neuen Mitarbeiterin bewusst leichte Aufgaben gibt, weil er denkt, er müsse sie als Frau schonen im Vergleich zu einem männlichen Kollegen in derselben Situation. Er meint es ja nur nett, nimmt der Frau damit aber die Chance, ihre Gleichwertigkeit zu beweisen.

In diesem Artikel geht es aber um absichtliche, böswillige Diskriminierung. Es geht auch nicht um Einzelfälle, sondern Dinge, die fast schon ständig passierten dort, wo ich diskriminiert wurde. Nach meiner Beobachtung wird Diskriminierung *nicht* von denjenigen vorangetrieben, die Produktivität und Qualität bei der Arbeit wichtig finden und befürchten, Frauen, Schwarze, Rollstuhlfahrer oder Schwule könnten eventuell die Ergebnisqualität beeinträchtigen. Solche ergebnisorientierten Menschen sind eher darauf fokussiert, ihre eigene Arbeit bestmöglich zu erledigen und beteiligen sich an Diskriminierung nur als Mitläufer, die sich ärgern über die Gerüchte, die man ihnen zuträgt, und die sie empört weiterverbreiten.

Die Antreiber von diskriminiertem Mobbing sind üblicherweise Nichtleister. Ich konnte nie herausfinden, welcher der folgenden beiden Fälle der häufigere ist: (A) Die Person bemerkt, dass sie zu inkompetent, ungeübt oder unkonzentriert ist, um gute Arbeit zu leisten. Darum flüchtet sie sich in die Einstellung "Ergebnisse spielen im Berufsleben keine Rolle, wichtiger ist es, selbstbewusst zu sein und Macht auszuüben. Schein ist wichtiger als Sein." Oder (B): Die Person hält sich für etwas Besseres und weigert sich schon im Studium, dieses ganze Wissen und Methoden und Kleinklein zu lernen, weil sie das als künftige Führungskraft eh nicht brauchen wird, sondern nur einfach ihr Selbstbewusstsein und die Fähigkeit, andere Menschen zu steuern. Viele Mobber sind auch Borderliner, bei denen eine Kombination aus Unkonzentriertheit und dem Wunsch, sich von anderen abzuheben, zusammentrifft. Mobber haben eine Mobberpersönlichkeit und tun dies überall und jederzeit, wo sie sich aufhalten, also nicht nur im Beruf, sondern auch im Verein, Freundeskreis und Familie. Darum haben sie damit auch so viel Erfahrung. Die haben meist im Kindergarten schon zu üben begonnen und sogar die Erwachsenen erfolgreich manipuliert.

Jetzt aber zu den praktischen Tricks:
1) Fangfragen: Man stellt einer Person eine Frage und interpretiert das Ergebnis um als sei es die Antwort auf eine andere Frage gewesen. Der Klassiker ist, dass man mich z.B. fragt, welches Fach oder an welcher Hochschule ich studiert habe. Das klingt nach unverfänglichem Smalltalk oder sogar Interesse an der Person. Dient aber nur zur Informationssammlung zum Zwecke der Gerüchtekonstruktion. Ein gute Lüge wird nämlich dadurch glaubwürdiger, dass sie wahre Informationen enthält. Nachdem ich also Studienfach und/ oder Universität genannt habe, lautet das Gerücht: "Andrea hat gerade erst ihr Studium in X an der Universität Y abschlossen und keinerlei Berufserfahrung." Seitdem ich für eine Berufsanfängerin doch etwas zu alt aussehe, geht es eher: "Liebe Frau Herrmann, wie oft im Jahr halten Sie denn diese Schulung?" Ich sage dann irgendetwas wie "vier Mal im Jahr". Das wäre schon ein Bestseller. Es gibt nur wenige Schulungen, die ich bei mehreren Schulungsanbietern im Programm habe, die meisten sind für den spezifischen Bedarf maßgeschneidert. Insgesamt biete ich Dutzende an. 30? Mehr? Man muss echt viel machen, um sich als Trainerin zu ernähren. Das wissen die Diskriminierer natürlich auch, darum fragen sie ja so spezifisch. Anschließend kann derjenige oder diejenige der Kursgruppe und wem noch alles triumphierend erzählen "Die Frau Herrmann ist eine Hausfrau, die nur vier Mal pro Jahr eine Schulung gibt. Das hat sie mir selbst erzählt." Daraufhin sind natürlich alle empört, weil ich ja bei meiner Vorstellung ganz etwas anderes behauptet habe. Elende Lügnerin. Dieser Trick funktioniert immer. Selbst wenn ich natürlich den inzwischen kenne, gibt es trotzdem kein Entkommen. Wenn ich antworte mit "Im Jahr 1995 schloss ich mein Studium in X an der Uni Y ab und seitdem arbeite ich als Z" oder "Diese Schulung speziell nur vier Mal im Jahr, aber insgesamt gebe ich 160 Kurstage pro Jahr", lautet das Gerücht hinterher trotzdem nicht anders. Es war ja schließlich kein Missverständnis, sondern Absicht. Wenn ich gleich antworte mit "Aber mein Studienabschluss ist doch schon 30 Jahre her. Ich arbeite als....", wird die Person abwinken und darauf beharren, dass ihre Frage anders lautete. 
2) Stärken in Schwächen umdeuten, immer ein X für ein U vormachen: Wenn jemand fleißig und sorgfältig arbeitet, verbreitet der Mobber das Gerücht, die Person arbeite ineffizient und umständlich. Arbeitet jemand effizient und flott, verbreitet der Mobber das Gerücht, die Person sei ja viel zu schnell, da könne etwas nicht stimmen. Hat sie diese Arbeit wirklich selbst gemacht oder irgendetwas aus dem Internet geklaut? Die fleißige Person wird ständig von anderen Andeutungen auf ihre Faulheit bekommen, der Vorgesetzte wird fordern, man möge doch bitte demnächst mal anfangen, produktiv zu werden. Da fleißige Menschen motiviert und leistungsfähig sind, lässt sich da noch mehr herausholen. Diese Person wird also mehr arbeiten als alle anderen, trotzdem noch als faul gelten wegen verzerrter Wahrnehmung und noch weitere Aufgaben oben drauf gepackt bekommen. Zumal ja selbst der Fleißigste mal schlafen muss. Das heißt, ab einer bestimmten Arbeitslast wird er dann nicht mehr flugs liefern, sondern die Aufgaben bleiben liegen, was den Vorwurf der Faulheit zu bestätigen scheint. Über eine faule Person erzählt man stattdessen herum wie fleißig sie sei und sagt ihr das auch selbst. Auch das wirkt sich schädlich aus, weil faule Menschen immer befürchten, sie könnten zu viel machen. Darum wird diese Person demotiviert durch das ungewohnte Lob und durch die Anekdoten über die angebliche Faulheit der Kolleg/innen. Die ohnehin schon leistungsschwache Person wird immer weniger liefern, bis man sie deswegen drankriegen kann. 
3) Schädliche Tipps geben: Man kann einer Person natürlich umso mehr schaden, wenn man ihr Vertrauen erlangt. Man interessiert sich für sie, stellt Fragen (siehe Punkt 1), und gibt hilfreiche Tipps. Unter die tatsächlich hilfreichen Tipps mischt man viele schädliche. Das funktioniert umso besser, je neuer die Person noch ist. Dann kennt sie wenig andere, die sie fragen könnte und erfahren, dass man ihr das Gegenteil von dem geraten hat, was in dem Unternehmen üblich ist. Man verweist sie auf die falschen Formulare und an die falschen Ansprechpartner, empfiehlt ihr etwas zu tun, mit dem sie garantiert jemandem in die Quere kommt und ihn verärgert. Und man empfiehlt ihr einen Arbeitsstil, der hier eindeutig schlecht ankommt. Um noch mehr Material für den Rufmord zu sammeln, gibt man dabei extreme Tipps. Beispielsweise sich zu weigern, bestimmte Tätigkeiten überhaupt auszuüben. Oder die Arbeit absichtlich schlecht zu machen. Beispielsweise bei der Betreuung einer Masterarbeit niemals mit dem Studenten zu telefonieren. Die müssen das alles alleine hinkriegen. Ein solches Gespräch kann für den Mobber nur positiv enden. Entweder der Neue sagt dann: "Ach, so ist das? Na, mir soll das recht sein, damit spare ich mir Arbeit und kann mich mehr meiner Forschung widmen." Dann kann der Mobber rumerzählen: "Der telefoniert grundsätzlich nie mit seinen Studierenden, der betreut die gar nicht. Seine Forschungsprojekte sind ihm wichtiger als die Studierenden. Der sammelt einfach nur Lehrpunkte, ohne etwas dafür zu tun!" Oder der Neue empört sich und sagt Dinge wie: "Ich finde es wichtig, sie zu betreuen. Das gehört zu meinen Aufgaben. Schließlich ist es ihre erste größere Forschungsarbeit." Dann kann man erzählen: "Der telefoniert fast jeden Tag mit seinen Studenten. Die müssen überhaupt nichts selbst überlegen, sondern bekommen alles vorgegeben." Beide Extreme machen sich natürlich nicht so gut. Ich persönlich mache meine Arbeit immer so wie ich das für richtig halte, selbst wenn mir versichert wird, dass die Kollegen alle niemals mit den Studierenden sprechen und das hier sehr unüblich wäre. Denn wenn ich dem schädlichen Tipp folgen würde, würden sich früher oder später die Studieren über mich beschweren, was ja eines der Ziele der Aktion ist. Leider ist nicht bei jedem schädlichen Tipp sofort ersichtlich, dass es einer ist, z.B. wenn es um spezielle Gepflogenheiten des Unternehmens geht, die ich noch nicht kenne. Beispielsweise wurde mir an einer Hochschule gesagt, ich müsse in Vorlesung und Übung auf die Anwesenheitspflicht achten. Unbedingt. Also machte ich mir und den Studierenden viel unnötigen Stress damit, um nach ein, zwei Monaten festzustellen, dass ich die einzige mit Anwesenheitspflicht in der Vorlesung bin. Da fragten sich die Studierenden und Kollegen, warum ich es nötig habe, Sonderregeln einzuführen. Dabei hatte der Kollege diese Anwesenheitspflicht sehr betont. Vielleicht ging es diskriminierenderweise davon aus, dass für die Studierenden die Anwesenheitspflicht die einzige Motivation sein würde, in die Vorlesung einer Frau zu gehen. 
4) Arbeitsergebnisse stehlen: Da der Mobber ja meist selbst recht unproduktiv ist und selbst wenn er für den Vorgesetzten hauptsächlich die Rolle des Vertrauten und vermeintlich vertrauenswürdigen Spions erfüllt, sollte er gelegentlich mit Arbeitsergebnissen um die Ecke kommen. Leider ist das Berufsleben und vor allem die Teamarbeit doch immer noch so intransparent, dass das geht. Da arbeite ich wochenlang an einem Ergebnis und hinterher reicht ein Kollege das beim Chef als sein Ergebnis ein. Mein Beitrag wird heruntergespielt oder gar nicht erst erwähnt. 
5) Als minderwertig geltende Aufgaben zuteilen: Minderwertige Mitarbeiter/innen bekommen natürlich die minderwertigen Aufgaben. Das erscheint logisch, zementiert aber auch Diskriminierung. Weil diese Person auch dann keine Anerkennung gewinnen kann, wenn sie die minderwertige Aufgabe ausgezeichnet erledigt. Sie bekommt dann nicht zur Belohnung nicht etwa höherwertigere Aufgaben, sondern nur blöde Sprüche im Stil von "Wusste ich doch, dass das genau die richtige Aufgabe für dich ist, hähä." Macht man die Arbeit aber widerwillig und lässt immer wieder durchblicken, dass sie einem zu trivial ist, heißt es: "Sogar so eine einfache Aufgabe ist dir noch zu schwierig!" 
6) Verlorene Projekte zuweisen: Ich habe im Berufsleben schon ganz oft für andere die Kuh vom Eis geholt. Irgendein Kollege oder Chef hat irgendetwas versemmelt. In der Vertriebsphase zu luschig verhandelt, einen Abgabetermin verbummelt, eine Aufgabe zu lange prokrastiniert. Und jetzt steht die Kuh auf dem Eis und droht einzubrechen. Dann zeigt man auf Andrea und sagt: "Du wolltest doch schon immer mal zeigen, was du kannst. Hol die Kuh vom Eis." Natürlich krieg ich das hin. Manchmal habe ich wahre Wunder vollbracht. Bin ja schließlich ein Profi. Aber auch das ist eine Situation, in der ich nicht gewinnen kann. Würde die Kuh einbrechen, was der wahrscheinlichste Fall gewesen wäre, dann kann man mir die Schuld dafür zuschieben, obwohl ich ja erst kurz vor der Katastrophe überhaupt erst die Verantwortung übernommen habe. Weigere ich mich, die Verantwortung zu übernehmen, ist natürlich auch nicht gut. Dann kann man mir vorwerfen, dass mein Ruf nach höherwertigen Aufgaben nur Blabla gewesen sei und man mir zukünftig keine Chance mehr geben würde. Ich würde ja nicht mal ein Projekt übernehmen wollen, das schon so gut wie fertig sei. Übernehme ich aber den Mist und rette die Kuh, dann wird das natürlich auch nicht gewürdigt, sondern es erinnert sich dann niemand mehr an meine Heldentat, sondern tut so als sei ich schuld daran, dass es überhaupt erst so weit gekommen ist. 
7) Informationen vorenthalten. Sehr oft habe ich es erlebt, dass mir Informationen vorenthalten wurden, die ich gebraucht hätte, um meine Arbeit gut oder entsprechend der Gepflogenheiten des Unternehmens durchzuführen. Sogar dann, wenn ich ausdrücklich danach gesucht habe und versucht habe, sie mir zu besorgen. Dann war plötzlich niemand dafür zuständig, mir das zu sagen, hat geleugnet, dass es das gibt, oder mir absichtlich falsche Informationen gegeben. Der Chef hat mir das aber gar nicht geglaubt, dass ich mit meinen Recherchen ins Leere gelaufen bin. Er dachte, ich hätte vergessen, seiner Anweisung Folge zu leisten und würde jetzt fieserweise den Kollegen die Schuld für mein Versäumnis zuschieben wollen. Habe schon oft gehört "Das glaube ich nicht. Du musst den Kollegen doch nur fragen, dann sagt er dir das." Nein, er hatte sich ja ausdrücklich geweigert. Beispiel: Vor einer mündlichen Prüfung sagte mir meine Chefin, dass ich als Prüfungsbeisitzerin eine bestimmte am Institut übliche Kurznotation verwenden solle. Ich solle denundden Kollegen fragen. Das tat ich, aber er sagte mir, es gäbe keine Kurznotation. Die Chefin war dann sauer, dass ich diese Notation nicht anwendete und mich offensichtlich auf meine Aufgabe nicht vorbereitet hatte. Dabei hatte ich auch noch andere Kollegen gefragt, aber die sagten "Da musst du X fragen, der macht das doch immer" oder ebenfalls "Wir haben dafür keine Kurznotation. Das macht jeder wie er will."

 

Bestimmt habe ich noch was vergessen. Aber ich denke, das Prinzip wird klar. Natürlich gibt es immer auch Aufgaben, Kollegen und Ratschläge, die echt super sind. Aber das zählt ja nicht. Wenn ich von 100 Aufgaben nur eine vermassle, wird das stärker wahrgenommen als die ganzen Erfolge, weil es zur Erwartung passt, dass Frauen nichts können. Chef sehen leider sowieso immer nur die Aufgaben, die man nicht erledigt hat und auf die noch jemand wartet, als all das, was ich schon geliefert habe. Wenn sich nur zwei oder drei Kollegen über meine Inkompetenz beschweren oder darüber, dass ich einem der schädlichen Ratschläge gefolgt bin, dann zählt es nicht, dass ich mit den meisten klar komme. 

Schade ist, dass diese Tricks sogar dann funktionieren, wenn man als Betroffene das Spiel durchschaut. Die meisten sind so gestrickt, dass es immer schädlich für mich ausgeht, ganz gleich, was ich tue. 

Die einzige Lösung für mich ist, selbständig zu bleiben. Dann bin ich nicht in so ein toxisches Umfeld eingebunden. Für meine Auftraggeber zählt nur meine erbrachte Leistung. Die Personen, die mich mit etwas beauftragen, interessiert nur das Ergebnis. Darum haben sie kein Interesse daran, mir schädliche Ratschläge zu geben oder Informationen vorzuenthalten, die ich für meine Arbeit brauche. Aber in jeder Arbeitsgruppe gibt es leider Nichtleister, deren einzige Überlebensstrategie die Diskriminierung ist. Denen ist es vielleicht sogar egal, ob das Patriarchat siegt oder so. Ihnen geht es ums eigene berufliche Überleben. Natürlich nehmen sie sich als Opferlamm dann eine Person, die zu einer diskriminierten Gruppe gehört. Erstens ist es besonders leicht, die Verachtung auf so eine Person zu lenken, weil alle ja schon erwarten, dass Frauen / Schwarze / ... nichts können, und zweitens ist dann auch die moralische Hemmschwelle geringer, eine minderwertige Person zu opfern als einen echten Menschen. Eine Bekannte von mir hat nach viel Diskriminierung und Traumatisierung eine Insel der Seligen gefunden. Ein Team, in dem so ein Mobber fehlt, der die Leute gegeneinander aufhetzt. Dort wird gute Arbeit wertgeschätzt und sie ist total aufgeblüht dabei. Ich wette, dieses Team ist doppelt so produktiv wie andere, in denen ständig gegen jemanden gehetzt wird. Es wird ja nicht nur der Diskriminierte an produktiver Arbeit gehindert, sondern auch insgesamt gute Arbeit wenig geschätzt.  

Immerhin ist es hilfreich, die oben beschriebenen Mechanismen zu kennen, um nicht auch noch selbst sein Grab zu buddeln, indem man den Falschen vertraut, seltsam klingende Informationen nicht hinterfragt und seine Arbeit schlechter macht als möglich, nur weil das hier angeblich so üblich ist. Gute Arbeit zu leisten war immer meine Verteidigungsstrategie, was aber wenig gebracht hat. Hat ja eh keiner gesehen außer die Kunden. Irgendwann gibt man den vergeblichen Kampf dann auf und wechselt den Job. Das Leben ist zu kurz für solchen Scheiß!

Vor diesem Hintergrund wundere ich mich immer mal, dass deutsche Firmen überhaupt noch produktiv sind. Mein Eindruck war, dass mindestens die Hälfte der Energie in Intrigen geht. In einem meiner Job habe ich eine Statistik darüber erstellt und festgestellt, dass ich mindestens ein Drittel meiner Arbeitszeit mit "Intrigenabwehr" verbrachte, nur zwei Drittel produktiv. Für jedes Projekt musste ich immer an vier Leute berichten: an zwei konkurrierende Chefs und an deren Mitarbeiter, die damit beauftragt wurden, mich zu überwachen. Der eine stand täglich eine halbe Stunde hinter mir, um mir über die Schulter hinweg bei der Arbeit zuzusehen. (Keine Übertreibung!) Dem musste ich dann auch nochmal erklären, was ich gerade tue und warum und nein, das ist nichts Privates, das gehört zu meiner Arbeit. Ich musste mich ständig rechtfertigen, warum was wie lange gebraucht hatte, musste Informationen mehrfach anfordern und doppelt abchecken und mehr als unbedingt nötig kommunizieren, damit möglichst viele Leute wissen, woran ich gerade arbeite bzw. dass ich tatsächlich arbeite. Trotzdem war ich immer noch super produktiv. So produktiv, dass man mir nicht glaubte, dass alle meine Ergebnisse von mir stammen. Ich wurde gemobbt wegen meiner kompletten Inkompetenz und auch darum war es nicht glaubwürdig, dass meine Arbeitsergebnisse selbst erstellt hatte. Der Chef lief durch die Firma und fragte verschiedene Leute, ob die meine Arbeit erledigt haben. Das war die einzige Firma, in der bei dieser Frage niemand "hier!" geschrien hat. Sonst fand sich immer jemand, der sich gerne meine Ergebnisse auf sein Konto verbucht hat. Aber hier war wohl klar, dass derjenige Ärger bekommen würde. Gleichzeitig klang beim Chef auch große Enttäuschung mit, dass sie im Unternehmen einen Top-Experten für agile Entwicklung haben und ich ihm nicht sage, wer das ist. Er wollte mit diesem tollen Mann wohl noch weitere Projekte anstoßen. Dass ich dieser Experte sein könnte, stand natürlich außer Frage. Tja, Diskriminierung ist eben unproduktiv! 

A propos produktiv... Muss noch was schaffe heut... 

 

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