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Blog für Herrmann & Ehrlich. In diesem Blog geht es um die Arbeitsprozesse im Software Engineering, insbesondere um Requirements Engineering, Kreativität, Projekt- und Zeitmanagement und diverse weitere relevante Themen. Autorin: Andrea Herrmann

KI diskutiert über KI in der Lehre

Claude, Gemini und chatGPT diskutieren in einer Podiumsdiskussion die Auswirkungen von der KI auf die Lehre. Sie malen dabei ein idealisiertes, romantisches Bild: Studierende und Lehrende verwenden KI nur zu ihrem Besten. Die KI als hilfreiche Copilotin oder Assistentin, die natürlich das Lehrpersonal nicht ersetzen sol. Der Mensch ist immer noch nötig für Bewertungen, Qualitätssicherung und Ethik. Blabla. Das sagen die KIs uns ja ständig: "Fürchtet euch nicht." 

Das Problem ist nur, dass es diese idealisisierte Welt nicht gibt, in der hochkompetente, ethisch handelnde Lehrende hoch motiviert als Vorbild für ihre Studierenden dienen wollen und die Studierenden gerne in die Vorlesung kommen, um dort ein Vorbild zu finden. Alle wollen huschihuschi die Pflicht möglichst schnell hinter sich bringen. Der Dozent will aber die Lehre nicht schnell hinter sich bringen, um den Rest des Arbeitstages mit nobelpreiswürdiger Forschung zu verbringen. Und auch der Student will nicht die langweilige Hausaufgabe schnell von der KI generieren lassen, um sich anschließend anspruchsvolleren intellektuellen Herausforderungen zu widmen und seine Persönlichkeitsentwicklung voran zu treiben. 

Wie ich in meinen Vorträgen in letzter Zeit auch oft betont habe: Nur die guten Studierenden werden die KI nutzbringend verwenden, um noch besser zu lernen. Die meisten Studierenden sind gar nicht motiviert, etwas zu lernen. "Was man hier lernt, braucht man später im Berufsleben ja eh nie", ist die gängige Meinung, die zu meiner Zeit auch schon in aller Munde war. Und wenn man dann die Methoden im Berufsleben doch braucht, dann behauptet man einfach, der Dozent habe nichts getaugt oder der Stoff sei überhaupt nie dran gewesen. Genau das wird zukünftig noch viel mehr zunehmen. 

Ich weiß, die Leute, die während meiner Studienzeit ihre Praktikumsberichte und Übungsaufgaben nicht selbst erledigt haben, haben heute sicher gutbezahlte Jobs und gelten als kompetent, ohne es zu sein. Denn wenn man das Betrügen mal verinnerlicht und eingeübt hat, kann man das im Berufsleben einfach so weitermachen. Die Arbeit anderer als die eigene ausgeben, im Team auf Trittbrettern mitfahren bis ganz nach oben in den Vorstand. Im Berufsleben haben die Chefs eh nie den Überblick, wer was gemacht hat und wie viel davon. Sie verlassen sich nicht auf Kennzahlen und Fakten, sondern auf Vorurteile und Gerüchte. 

Genau das frustriert mich ja so. Meine Studierenden brauchen das Fachwissen, das ich sie lehre, gar nicht, um Karriere zu machen. Sie brauchen es nur, um gute Arbeit leisten zu können. "Aber das will ja niemand", erklärte mir mal mein Chef, aber nicht enttäuscht, sondern als Selbstverständlichkeit. Er erwartete das gar nicht von seinen Mitarbeitenden, sondern warf mir wegen meinem Fleiß noch Harmoniesucht vor. In so einer Berufswelt braucht ja gar niemand Fachwissen, außer die armen Trottel, die die Projekte am Laufen halten, Probleme lösen, die andere verursacht haben, und auf ihrem großen Trittbrett mehrere Leute mitschleppen.

Manchmal weiß ich auch nicht, wozu ich das alles noch mache. Und natürlich wird die KI mich irgendwann komplett ersetzen. In einer Berufswelt, wo gute Arbeit und Fachwissen gar nicht benötigt werden, um Karriere zu machen, braucht man auch keine menschlichen Dozenten, die sowas vermitteln. Ich frage mich nur immer, wie eine Firma funktionieren kann, wenn dort 90 % der Mitarbeitenden entweder Karriere machen wollen oder nur Dienst nach Vorschrift leisten und dann 10 % die eigentliche Arbeit machen. Das ist nicht effizient, nicht wirtschaftlich und kann doch rechnerisch gar nicht aufgehen. Der Umsatz entsteht am Ende doch nur dadurch, dass man dem Kunden einen Mehrwert bietet und der muss halt irgendwie erarbeitet werden. Ach ja, das macht zukünftig die KI, wie praktisch..

Wie dem auch sei, ich gehe dann mal noch etwas Mehrwert produzieren und korrigiere Klausuren. Ich hoffe, die dritte Aufgabe fällt besser aus als die ersten beiden. :-(

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