Nun wurde also auch der Kurs "Software Requirements Engineering" abgesagt. Die Technische Akademie Esslingen hat tapfer bis zuletzt dem Chaos getrotzt. Ich hätte keine Bedenken gehabt, einen Kurs mit einer Kleingruppe durchzuführen. Das Ansteckungsrisiko ist nach wie vor gering, und falls doch jemand aus der Gruppe infiziert gewesen wäre, wären wir als Kontaktpersonen schnell identifiziert und in häuslicher Quarantäne erstmal ungefährlich. Aber die meisten Teilnehmer/innen bekommen inzwischen solche Veranstaltungen von der Firma nicht mehr genehmigt. Nun gut.
Erstmal gelten die ganzen krassen Maßnahmen für vier Wochen, ab jetzt bis zum 20. April 2020. Da liegt auch noch Ostern drin. Trotzdem bin ich froh, dass ich (a) gerade angestellt bin und einen Gehalt bekomme und (b) sowieso schon viel online arbeite.
(a) Als reine Freiberuflerin würden mir die Kursausfälle finanzielle Sorgen bereiten. Miete und Krankenkasse muss ich ja trotzdem bezahlen und essen sowieso. Zwar hat man Rücklagen für so etwas, aber nur Selbständige wissen, wie schnell das Geld auf dem Konto wegschmilzt. Angestellte sagen mir gerne: "Dann musst Du eben etwas sparen. Also, ich brauche im Monat nur 500 €." Ja, Handgeld! Zusätzlich zu den 2000 €, die ganz von selbst vom Konto abgebucht werden. Die Rücklage kann man gar nicht so schnell ansparen, wie man sie aufbrauchen kann. Für einen Monat Verdienstausfall muss man mehrere Monate lang Überstunden schieben.
(b) Bei mir entfallen nur etwa die Hälfte der Kurse, der Rest findet statt. Auch das Schreiben von Fachartikeln und Büchern geht weiter. Da arbeiten wir sowieso schon immer per E-Mail zusammen. Die ganze Wissensindustrie (außer den Trainern) ist noch am Platz und arbeitet weiter! Vermutlich sogar produktiver als zuvor. Bei mir fallen viele Meetings und Reisezeiten weg.
Nun mal sehen, wie es sich entwickelt. Kurse ausfallen zu lassen finde ich übertrieben angesichts der geringen Infektionsgefahr, aber wie man so schön sagt: Vorbeugen ist besser als Heilen. Innerhalb von vier Wochen ist der Virus in Deutschland hoffentlich eingedämmt. Ein Vorteil der allgemeinen Isolation ist vermutlich, dass andere Infektionskrankheiten auch ausgetrocknet werden. Bei wem soll ich mich jetzt denn noch mit einem Schnupfen anstecken?
Tatsächlich ergreife ich auch die eine oder andere Maßnahme, die mich nicht sehr einschränkt. In öffentlichen Verkehrsmitteln trage ich meine Handschuhe, im Supermarkt kaufe ich nur noch Obst und Gemüse, das man schält, und in Kantinen esse ich keine Salate mehr. Und jetzt gehe ich erstmal noch Papier hamstern. Ganz normales Druckerpapier. Ich hab damit noch etwas vor diese Woche.
Und: Nicht den Frühling vermiesen lassen!
Andrea Herrmann