Richard D. Precht diagnostiziert: "Die Digitalisierung ist nicht einfach eine weitere Effizienzsteigerung unseres Wirtschaftens auf einem bekannten Pfad. Es ist die größte Veränderung unseres Wirtschaftens seit 250 Jahren! Es ist ein Lebens- und Wertewandel in welthistorischer Dimension. Und es ist, ungebremst, der größte flächendeckende und kulturübergreifende Anschlag auf die Freiheit des Individuums in der Moderne. Auf dem Spiel steht die Zukunft unserer Privatsphäre."
Globale Internetkonzerne sind mächtiger als Politiker, je mehr die Arbeit automatisiert wird umso weniger gibt es für die Menschen zu tun. Grundsätzlich stimme ich mit Precht überein, dass ein Systemwandel passieren muss und, wie er schreibt "Das meiste wird in den nächsten zehn Jahren entschieden werden müssen". Wir leben in entscheidenden Zeiten!
Mich ermüdete jedoch sein ewiges Gejammer genauso wie das Herumspringen zwischen mehreren Themen wie Wirtschaft, Arbeitslosigkeit, Datenschutz, Islamismus, Maschinenethik, Kulturverfall und Umweltschutz. Er klagt sie alle an: Unternehmer und Regierungen, Manager und Wissenschaftler, Digital Natives und den ganzen Rest. Angeblich beten wir alle die Technik und Kennzahlen an. Die Optimierung des Menschen macht ihn immer maschinenähnlicher und inhumaner. Dabei übersieht Precht ganz, dass die Digitalisierung nicht nur zur Zentralisierung führt, sondern auch zu einer Demokratisierung.
Ganz sicher hat Precht recht damit, dass das deutsche Bruttosozialprodukt nicht (weiter) wachsen muss, damit die Menschen glücklicher werden. Wächst das Bruttosozialprodukt trotzdem, kann man damit die Sozialsysteme stärken. Je mehr die Arbeit automatisiert wird, umso weniger Mitarbeiter/innen werden gebraucht. Precht plädiert für das bedingungslose Grundeinkommen, für eine "Nichtarbeiterbewegung" und das Ende der Leistungsgesellschaft, in der sich Menschen über ihre Arbeit definieren. Ökonomie und Technik sollen das Leben lebenswerter machen.
Also, ich persönlich bin ja schon lange für "Teilzeit für alle". Aber um dort hinzukommen, brauchen wir tatsächlich einen Systemwechsel!
Simon Ehrlich