Overblog
Folge diesem Blog Administration + Create my blog

Filmtipp: HIP - Ermittlerin mit Mords-IQ

Momentan amüsiere ich mich mit einer französischen Krimiserie, von der es zum Glück beim ZDF schon vier Staffeln gibt: HIP - Ermittlerin mit Mords-IQ. :-) Die Heldin Morgane ist eine mehr oder weniger alleinerziehende Mutter von drei Kindern und eine typische Hochbegabte. Ihr IQ liegt bei 160, wie auch immer sie das gemessen haben. Ich dachte, Einstein hatte "nur" 150, aber es gibt ja verschiedene Rechenverfahren. Jedenfalls liebt sie knifflige Rätsel und findet es wichtiger, Doku-Filme im Fernsehen anzusehen als irgendwelchen Papierkram zu erledigen, löst schwierige Aufgaben nebenbei, langweilige oft gar nicht. Durch einen Zufall stolpert sie in die Ermittlungen der Polizei in einem Mordfall. Die Chefin erkennt ihr Potenzial und heuert sie als Beraterin an. Einen Fall nach dem anderen löst Morgane dank ihrer intellektuellen Fähigkeiten mit Bravour: Unstimmigkeiten erkennen, Muster erkennen, Schlussfolgerungen ziehen, Unzusammenhängendes zusammenbringen, all ihre intellektuellen, angeborenen Fähigkeiten plus das unzusammenhängende Wissen aus unzähligen TV-Dokumentationen verhilft ihr zum Erfolg.

Nachteil: Sie arbeitet rein ergebnisorientiert und muss mühsam von ihrem Kollegen an die Grundregeln der Polizeiarbeit eingelernt werden: keinen Tatort verunreinigen, keine Beweismittel mit nach Hause nehmen, keine Mordverdächtigen bei sich zu Hause auf dem Sofa schlafen lassen, keine Alleingänge und so weiter. Immer wenn ihr Kollege sagt "aber diskret, bitte!", schmunzelt die Zuschauerin schon, weil sie weiß, dass das nicht klappen wird. Seitdem Morgane für sie arbeitet, geht es chaotisch zu auf dem Polizeirevier, aber alle haben sie gerne. Außer ihrem hohen IQ bringt sie nämlich auch ein großes Herz mit, und während ihre Kollegen offizielle Verhöre durchführen, führt sie kleine, informelle Gespräche nebenbei mit Zeugen, Verdächtigen und scheinbar Unbeteiligten. Dabei wird es leider öfter mal gefährlich. Ob Hooligan-Kneipe oder Hausbesuch bei der Killerin, sie schreckt vor nichts zurück, muss aber öfter dann auch gerettet werden. 

Ihr Kleidungsgeschmack ist ziemlich schrill und wenig intellektuell. Was mal wieder zeigt, dass man IQ einem Menschen nicht ansehen muss. Ihr Sohn zeigt auch Anzeichen von Hochbegabung, was ihm in der Schule und zu Hause Probleme bereitet. So besonders erfolgreich hat er das Suppenhuhn dann doch nicht einbalsamiert. Morgane nimmt es gelassen, war sie vermutlich selbst als Kind auch ähnlich experimentierfreudig und neugierig. Ihre älteste Tochter ist normal intelligent, was sich für sie oft etwas seltsam anfühlt. So kommt hier auch das Thema "hochbegabte Kinder" ins Spiel.

Prima finde ich auch die Gleichberechtigung im Film. Man könnte jeden Mann durch eine Frau ersetzen oder jede Frau durch einen Mann, und trotzdem würde der Film noch Sinn machen. Die Chefin verhält sich so wie ein Chef sich auch verhalten würde. Die exzentrische Morgane ähnelt sehr Sherlock Holmes, und ihr Lieblingskollege Karasek könnte auch eine ewig nörgelnde, vorschrifteneinhaltende Polizistin sein.

Ich mag Morgane. Sie tut immer das, was ich auch getan hätte, oder tun würde, wenn ich nicht wüsste, dass es sich nicht gehört. :-) An vielen Stellen wusste ich ganz genau, was sie als nächstes sagen oder tun würde. Das vorherzusehen ist oft trivial, weil sie genau das Gegenteil von dem tut, was Karasek ihr sagt. Und der wiederum sagt es genau darum, weil er schon weiß, was sie als nächstes tun würde. Man lernt sich gut kennen, wenn man monatelang Tag und Nacht zusammenarbeitet. 

Wie gesagt, es gibt vier Staffeln. Die erste habe ich durch. In der zweiten soll Morgane endlich eine formale Ausbildung zur Polizistin durchlaufen. Das kann lustig werden. Sie wird ihren Ausbilder genauso an seine Grenzen bringen wie ihr Sohn seine Lehrerin. 

Die Darstellung der Lebenswelt einer Hochbegabten ist gut gelungen. Allerdings hätte an der einen oder anderen Stelle ein Hochbegabter auch die Qualitätssicherung für die Filme machen sollen. Da war dann doch der eine oder andere Logikfehler enthalten. Aber egal, die Rätsel sollen ja vor allem Spaß machen. Leider werden hier die Spuren für den Zuschauer oft recht subtil oder auch gar nicht ausgelegt, was ein wenig schade ist. Aber vielleicht bin ich auch nicht schlau oder gebildet genug, um sie zu erkennen, seufz. Die violette Jacke war mir z.B. nicht aufgefallen. Ich kann auch nicht wissen, wie weit es im Einkaufszentrum bis zur Toilette ist. Naja, Hauptsache, Morgane fällt es auf. 

Kommentare anzeigen

Filmkritik: Concordia

Beim ZDF gibt es noch eine weitere Science-Fiction-Serie über den Überwachungsstaat: Concordia - Tödliche Utopie. In den Werbevideos klingt alles nach einer traumhaften Zukunfts-Utopie: Alles wird in Concordia überwacht, gemessen und durch eine KI bewertet. Auffälligkeiten werden den Comunity Officers gemeldet, quasi Sozialarbeiter/innen, die dann dank Empathie und Freundlichkeit das Problem lösen. In Utopia gibt es darum keine Verbrechen und keine Polizei. Die gesammelten Umwelt- und Verkehrsdaten dienen dem Umweltschutz. Alle Menschen sind entspannt, freundlich, tolerant und fühlen sich sicher. 
Motivation für dieses Sozialexperiment und die finanzielle Investition, die darin steckt, war ein Schulmassaker. Der jugendliche Täter war in psychologischer Behandlung, doch der Therapeut hatte die tödliche Gefahr nicht erkannt. Der KI würde das nicht passieren. 


Zwanzig Jahre lang lief alles sehr gut. Menschen aus der ganzen Welt kamen nach Utopia, um dort ein freies und sicheres Leben zu führen. In Kürze soll das Konzept nach Deutschland exportiert werden. Und ausgerechnet jetzt geschieht ein Mord. Ein junger Administrator des Überwachungssystems wird knapp außerhalb der Stadtgrenze ermordet. Bei der Durchleuchtung seines Lebens und seiner Kontakte stellt das Team fest, dass der Ermordete das System für private Zwecke missbrauchte. Es offenbart sich nach und nach eine Vielzahl an verborgenen Datenschutzproblemen und ethischen Problemen. In Concordia müssen politische Entscheidungen getroffen werden. Was sagen wir wann den Bewohnern? Es fällt die fatale Entscheidung "Um die Transparenz dauerhaft zu sichern, müssen wir kurzfristig Kompromisse machen." Schließlich muss das System für 24 Stunden offline genommen werden, um es gegen eine Hackergruppe zu sichern. Und genau in dieser Zeit geschieht noch ein Mord. Es stellt sich auch die ethische Frage: Ist es richtig, für das Wohl der Mehrheit einzelne Menschen zu opfern?


Was ich an diesem Film gut fand ist, dass wir hier keine Dystopie erleben, in der ein autoritärer Staat seine Bürger terrorisiert, sondern alle Bewohner und die Leitung Concordias wollen, dass das Projekt funktioniert. Datenschutz wird durch zahlreiche ausgeklügelte Maßnahmen sichergestellt. So können Datennutzung und Privatsphäre gleichzeitig realisiert werden. Gerade diejenigen, die hier morden, verfolgen hohe Ideale und das Wohl der Menschheit. Darum wird am Ende auch niemand zur Rechenschaft gezogen.


Eine kleine Lücke im System kann alles ins Gegenteil verkehren. Ein einsamer Incel, der von Hackern angeworben wird, der dem Social Engineering anheimfällt, und schon schleust ein Administrator falsche Regeln ins System ein und leakt vertrauliche Daten. Und wer überwacht die Überwacher? Ein Überwachungssystem und Datenschatz wie in Concordia ist eine tickende Zeitbombe, die irgendwann jemand zünden wird.


Das heißt praktisch: Man kann und sollte auch dann gegen die Komplettdigitalisierung unseres Lebens sein, wenn man der aktuellen demokratischen Regierung vertraut. Oder wenn man der Firma und deren Datenschutzerklärungen vertraut, die unsere Daten sammelt. Missbrauchte Daten sind wie ein Dammbruch. Das Wasser pumpt keiner mehr in den Stausee zurück. 

Kommentare anzeigen