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Bargeldverbot

Als Bloggerin bin ich quasi immer im Dienst. Da ist man nur kurz im Supermarkt, um Salat für die Schildkröten zu holen und findet am Schwarzen Brett einen Handzettel zum Thema Bargeldverbot. Ich habe mir gleich die Webseite https://bargeldverbot.info/ angesehen. Sehr informativ! Und leider keine Verschwörungstheorie.

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Softwarekrise der KI

Manchmal habe ich auf der Bühne die besten Einfälle. :-) Während des Seminars "Software Engineering für KI" fiel mir auf, dass die KI jetzt in derselben Situation ist wie in den 1950ern die Softwareentwicklung: Während bisher KI als prototypische Spielerei im Labor und für den wissenschaftlichen Eigenbedarf gebastelt wurde, stehen nun die KI-Expert/innen vor der Herausforderung, im Team für externe Kunden kommerzielle KI-Anwendungen zu entwickeln, die deren funktionalen und vor allem auch nichtfunktionalen Anforderungen erfüllen. Die Themen Datenschutz und Datensicherheit kommen ja jetzt erst überhaupt in die KI-Entwicklung mit hinein. Und darum befindet sich die KI-Entwicklung nun in ihrer eigenen Softwarekrise. Es müssen Softwaretechnik-Methoden wie Anforderungsanalyse, Risikoanalysen, systematisches Testen und dergleichen auf KI angewendet werden. Teilweise kann man dafür einiges aus der klassischen Softwaretechnik wiederverwenden, und doch begegnet die KI-Entwicklung zusätzlichen Herausforderungen wie Anforderungen an die Datenqualität und das Testen nichtdeterministischer Systeme. Beide Themen profitieren sehr von Statistik und Data Science. Natürlich ist die wissenschaftliche Community eifrig dabei, die speziellen Anforderungen der KI-Entwicklung an die Entwicklungsprozesse zu erforschen. Dafür habe ich jede Menge Material gefunden und bringe das in meinem Kurs alles zusammen zu einem zusammenhängenden Konzept. Grundsätzlich aber wird dieser Kurs auch zukünftig weiterhin schnell veralten, so dass ich auf Zack bleiben muss mit der Aktualisierung. :-)

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Artificial Intelligence Special Interest Group (AI SIG) des IREB

Die Artificial Intelligence Special Interest Group (AI SIG) des IREB hat nun eine Webseite, wo u.a. ich als Mitglied aufgelistet bin. Diese verweist auf den AI SIG Newsletter bei LinkedIN und die als RE-AI-Booklet veröffentlichte Zusammenfassung auf Englisch. Die Sammlung wird sicher noch wachsen!

 

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Serie: Wo wir sind ist oben

In der ARD-Mediathek läuft gerade die Serie "Wo wir sind, ist oben". Eine Bekannte empfahl sie mir, damit ich "mal sehe, wie Politiker ticken". Genau genommen lernt man hier, wie Lobbyismus funktioniert. Die beiden Agenturen Pegasus und ABC, vertreten durch die beiden jungen Leute Valerie und Max, nehmen Aufträge an von Politik, Wirtschaft und Interessensgemeinschaften. Sie kämpfen für das Gute oder das Böse, wenn und solange sie dafür bezahlt werden. Politiker tauchen hier auf als Schachfiguren, die von Valerie und Max benutzt, belohnt, bedroht oder bestraft werden. Während es Max vor allem ums Gewinnen und um Rache geht, wird Valerie von der Verzweiflung getrieben. Wenn sie nicht jeden Fall gewinnt, dann wird sie ins Hinterland versetzt. 

Es gibt auch aktuelle Bezüge, beispielsweise als ein Kollege von Max im Hintergrund einer Life-Übertragung seinem Kunden eine lustige SMS zeigt, über die beide herzlich lachen. Das kommt gar nicht gut an. "Aber woher sollten wir denn wissen, dass wir mit im Bild sind?" Tja, man muss immer mit allem rechnen in einer Welt, wo der Feind nur auf Deine Fehler lauert. 

Ich finde die Serie sehr gut gemacht. Sie hat Schwung und verdeutlicht mit wenig Worten und Szenen typische Mechanismen der Machtspielchen. Max bringt im Auftrag seiner Kunden Gerüchte in Umlauf, die wiederum seine Schwester verunsichern und davon überzeugen, die Pille sei eine schlechte Idee, eine Abtreibung sei eine gute Idee. Schließlich geht die Welt sowieso bald unter. Zum Glück überlegt sie sich das nochmal und kämpft für ihre Heimat und diesen Planeten, auf dem ihr Kind aufwachsen soll. Valerie unterstützt sie, und so geraten die beiden Geschwister auf unterschiedliche Seiten in diesem Krieg um die Kohle. Genauer: Braunkohle.

Hier ein paar schöne knackige Zitate:
"Eine halbe Million Unterschriften? Trollen Sie!" (Erklärung: Die Gegenseite hat eine erfolgreiche Unterschriftenaktion gestartet.)
"Wer soll das denn glauben?" - "Ihre Wählerinnen."
"Ich hätte nie gedacht, dass das so schwer ist, das Richtige zu tun."
"Deutschland ist eine Lobbyrepublik". 
"78 % aller Deutschen hassen ihn. 11 % wünschen ihm den Tod."
"Moral ist die Waffe der Machtlosen."

Als ich jung war, hatte ich mal die Idee, in die Politik zu gehen. Diesen Plan verfolgte ich genau einen einzigen Parteitag lang. Am Ende war ich geheilt. So eine geballte Masse an Manipulationsversuchen an einem Tag hatte ich noch nicht erlebt. "Fraktionszwang" mag ja seinen Sinn haben, aber nicht, wenn eine Partei ihren eigenen Prinzipien untreu wird. Und bei der Abwägung zwischen moralischen Werten und Macht war ich definitiv nicht auf Parteilinie. Aber zum Glück gibt es in einer Demokratie viele Möglichkeiten, Einfluss zu nehmen. Dafür muss ich nicht Berufspolitikerin sein. Stattdessen engagiere ich mich in NGOs, die je nach Größe auch mitspielen im Lobbyismus-Spiel, und das für die gute Sache. Da ist dann auch "Fraktionszwang" kein Problem, weil wir uns per Definition durch gemeinsame moralische Werte zusammengefunden haben. 

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zurück von der Informatica Feminale

So, da bin ich wieder, zurück von der Informatica Feminale, wo ich den dreitägigen Kurs "Software Engineering für Künstliche Intelligenz" gehalten habe. Bei der Vorbereitung musste ich feststellen, wie schnell die Inhalte gerade in diesem dynamischen Umfeld veralten. Den Kurs hielt ich 2020 zum letzten Mal, also noch vor chatGPT. Die Hälfte aller URLs waren veraltet und mussten weg. Und natürlich wurde eine ganze Menge Neues entwickelt und geforscht seitdem! Schade fand ich, dass viele Ansätze und Technologien, die ich in meinem früheren Kurs zeigte, nur Eintagsfliegen blieben. Es fehlte wohl an Ausdauer, Ressourcen oder Marketing. Naja, mir ging es auch nicht anders. Unser Ethicbot war auch sehr vielversprechend, aber mir fehlten die Ressourcen, um ihn weiterzuentwickeln. Selbst als Professorin der AKAD hatte ich dafür kein Budget.

Ich denke, ich konnte einen guten Überblick und mit den Übungen auch ein praktisches "Gefühl" vermitteln. Aus dem Kurs ist auch eine erfolgversprechende Geschäftsidee entstanden. Ich bin gespannt, ob wir nochmal davon hören. Der Kurs war voll und ich akzeptierte auch noch eine 13te Teilnehmerin, da ich nicht abergläubisch bin.

Die Rückfahrt war mal wieder ein Abenteuer und die Wartezeiten länger als die Fahrtzeiten. Es hatte gegen 15 Uhr in Emmendingen einen Personenunfall gegeben, und das lag genau auf meinem Heimweg und genau um 15 Uhr war mein Kurs zu Ende. Für mehrere Stunden blieb die Strecke gesperrt. Das war nun definitiv das letzte Mal, dass ich der Bahn vertraue, wenn sie sagen "Steigen Sie in den Zug nach Denzingen. Sie werden im Zug über Ihre Weiterfahrmöglichkeiten informiert." Das klappt nie, der arme Zugführer weiß auch nicht mehr als wir, nur dass er uns in Denzingen absetzen soll. Und dort standen dann so viele Leute, wie in zwei Züge reingepasst hatten, ratlos am Busbahnhof herum. Als der erste ICE an uns vorbei raste, wogte die Menge zum Bahnhof zurück und sah noch mehrere Züge vorbei fahren, bis dann ein Regionalzug anhielt. Leider passten nicht alle hinein. Mir verschaffte nur der verzweifelte Ruf "Durchrücken da vorne! Da geht noch was!" noch Zutritt. Ich verstehe nicht, warum die Leute in so einem Fall nicht durchrücken und stattdessen ungerührt mit ansehen, wie Passagiere am Bahnsteig zurück bleiben. Es wäre noch Platz gewesen! Ich vermute, sie fürchten, dann später nicht mehr aussteigen zu können. Aber immer ein Problem nach dem anderen. Ich lass die Passagiere dann ja wieder raus, bin extra ausgestiegen dafür. Vermutlich wäre ich aber schneller gewesen, wenn ich am Freiburger Bahnhof gemütlich Tee und Kuchen konsumiert und das Ganze ausgesessen hätte. Das ungeduldige "Ich steig da mal ein, dann bin ich wenigstens schonmal in die richtige Richtung unterwegs" bringt nur der Bahn Nutzen, aber nicht mir.

Jetzt bin ich wieder zu Hause. Natürlich fand ich beim Heimkommen das Schildkrötenmännchen reglos auf dem Rücken liegen und hatte ein schlechtes Gewissen, dass ich die Krabbler so lange allein gelassen habe. Der Schildkröterich hatte definitiv den unangenehmeren Nachmittag gehabt als ich. Heute benimmt er sich wie immer, ist aber schrecklich verschrammt. Da muss ich nachher ein wenig einölen wie bei verkratzten Möbeln. So wie ich das verstehe, ist der Schildkrötenpanzer ein Gebrauchsgegenstand.

Dieser Samstagskurs war erstmal der letzte. Am 14. September findet der nächste statt. Jetzt im Juni + Juli hatte ich fast jeden Samstag einen Kurs. Die kommen leider immer phasenweise zusammen. Das hat mich jetzt ein wenig ausgezehrt. Im Mai war ich ja noch ganz euphorisch und voller Energie, das muss ich erst wieder aufbauen. Heute gehe ich noch joggen und mache es mir ansonsten gemütlich. Nächste Woche ist wegen Kursausfall komplett kursfrei, da werde ich dann einen Stapel an Abschlussarbeiten begutachten, so dass ich damit wieder auf dem Laufenden bin. Auch meine Wochenportion Klausuren liegt wieder vor. :-) Dann gibt es noch die Gender-Umfrage auszuwerten, weitere Forschungsprojekte und natürlich die Bücher. Über Langeweile musste ich mich in meinem Leben nie länger als 10 Minuten beklagen.

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Zeitmanagement-Selbstversuch zur Priorisierung

Das Zeitmanagement ist ja ein Bereich, in dem man leicht einen Selbstversuch machen und schnelle quantitative Ergebnisse erzielen kann. Nun im Juli habe ich etwas ausprobiert: Den ganzen Tag über schreibe ich mir auf, woran ich wie lange gearbeitet habe. Aber nicht chronologisch, sondern schon nach Tätigkeiten sortiert als Strichliste, damit abends nicht das große Kopfrechnen losgeht. Der Übersichtlichkeit halber unterscheide ich nach den drei größten Kategorien: Lehre für die AKAD, restliche Lehre und Sonstiges (Organisatorisches, Forschung, Schreiben, Vereine, Fortbildung und so weiter.) 

Nun habe ich mal die Reihenfolge umgedreht, also AKAD-Lehre nicht mehr oben, sondern ganz unten. Dafür das Sonstige von unten nach oben. Die Forschungsfrage lautete, ob denn diese Sortierung meine Priorisierung und damit die Aufteilung meiner Arbeitszeit beeinflusst. Finde ich mehr Zeit für Sonstiges, einfach nur dadurch, dass ich diese Reihenfolge ändere? Wirkt sich die Reihenfolge also tagsüber auf meine Entscheidungen aus, welche Aufgabe ich als nächste in Angriff nehme?

Wohl eher nicht. Man könnte es als Bestätigung der Hypothese werten, dass ich im Juli mehr Zeit für Forschung und Schreiben fand als im Vormonat, aber bei der Forschung war es doch weniger als während meiner Gastprofessur. Gegen die Hypothese spricht, dass ich für die AKAD im Juli mehr gearbeitet habe als in den vier Monaten davor, obwohl sie doch nun ganz unten stand. Die sonstige Lehre war deutlich weniger, weil bei fast allen anderen Hochschulen, wo ich arbeite, gerade vorlesungsfrei ist. Da sind höchstens noch ein paar Klausuren zu korrigieren. Es fiel einfach weniger an, bei der AKAD war gerade irgendwie Hochkonjunktur bei Laborberichten und Abschlussarbeiten. Außerdem habe ich drei Samstags-Labore gehalten. Gerade die Menge an Lehre, die ich leiste, erfolgt ja auftragsgetrieben. Wenn man mir Klausuren zur Korrektur schickt, korrigiere ich sie, wenn nicht dann nicht. Wenn Seminare stattfinden, dann halte ich sie, wenn nicht dann nicht. Eigentlich kann ich nur über die restliche Zeit frei verfügen und hier priorisieren, ob ich lieber Fachliteratur lesen, Fragebögen auswerten, ein Buch schreiben oder Unterlagen abheften möchte. Diese frei verfügbare Zeit beträgt die Hälfte meiner Arbeitszeit, rechne ich gerade aus. Das ist mehr als erwartet. Das liegt nicht an einer schlechten Auslastung, sondern daran, dass ich fast Vollzeit Lehre mache und nochmal dasselbe für Sonstiges drauf lege, also insgesamt über 300 Stunden pro Monat arbeite. Als Angestellte war es nicht ganz so viel, aber auch da galt für mich das Prinzip, dass ich während der bezahlten Vollzeit die Aufträge von oben bearbeite und in den Überstunden mich fortbilde und kreative Projekte mache. Da wurde der Job dann erst spannend. Blöd von meinen Chefs, dass sie immer davon ausgingen, ich würde die Spaßprojekte während der bezahlten Arbeitszeit machen UND meine normale Arbeit darum liegen lassen. Hab ich nicht. Ich habe aber auch nicht eingesehen, warum ich in den unbezahlten Überstunden langweiligen Krempel arbeiten sollte. Aber, klar aus Arbeitgebersicht heißt es dann: "Da geht noch mehr. Haltet sie von der Fortbildung ab und quetscht noch mehr Routinearbeit aus ihr raus." Naja, die Arbeitgeber bekommen mit dieser Einstellung genau die Mitarbeiter/innen, die sie verdienen. Dienst nach Vorschrift und dann nach Hause, weil Engagement, Begeisterung, Überstunden und Leistung eh nicht gewürdigt, sondern für ein Zeichen der Schwäche, falscher Priorisierung oder sogar einer psychischen Störung gehalten werden. 

Ich weiß, das klingt jetzt nach einem Widerspruch. Einerseits priorisiere ich nach Dringlichkeit, andererseits halte ich offensichtlich Zeitbudgets ein. Ist aber kein Widerspruch. Ich nehme immer nur so viel Brot-Arbeit an, dass die Zeitbudgets am Ende passen. Oder versuche es. Als Angestellte geht das eben nicht, da werden Grenzen nicht geachtet. Hinzu kommt, dass die "sonstigen" Tätigkeiten ja meist auch Abgabetermine und eine gewisse Eigendynamik entwickeln, so dass die Aufgaben hier auch dringend werden. 

Aber zurück zum Selbstversuch: Ich denke, die Hypothese war es wert, geprüft zu werden. Manchmal wirken sich Kleinigkeiten unerwartet stark auf Entscheidungen aus, z. B. die Reihenfolge in der Darstellung. Manchmal aber auch nicht. Ich habe mir diesen Monat ein wenig bei der Priorisierung selbst über die Schulter geschaut und festgestellt, dass es eben doch nach To-do-Liste geht und nicht nach Zeitaufschrieb. Wenn ich darüber entscheide, welche Aufgabe ich als nächste anpacke, suche ich mir von der heutigen To-do-Liste die dringendsten zuerst heraus. Das geht nicht nach dem Motto "Oh, mit Lehre habe ich schon so viel Zeit verbracht heute, dann sollte ich damit Schluss machen und noch schnell was forschen." Das ist kein Argument. 

So, und ich verschwinde jetzt wieder in der Rubrik "Lehre". Ich habe noch einen Kurs vorzubereiten, da gibt es nichts wegzupriorisieren!

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Momo - Nichts gegen Zeitmanagement

Neulich habe ich "Momo" von Michael Ende als Hörbuch gehört. Darin geht es um Zeit. Das ist natürlich für mich als Zeitmanagement-Fan ein wichtiges Thema. Unsere Zeit ist begrenzt. Da gibt es nichts zu verschwenden. 

Was lernen wir nun aus diesem Kinderbuch Wichtiges über Zeit und Zeitmanagement? Zunächst fürchtete ich, es liefe darauf hinaus, dass Zeitmanagement verpönt würde. Aber genauso wie Zeit ist auch das Zeitmanagement genau das, was wir daraus machen. "Zeit ist Leben." Eben darum finde ich es wichtig, sorgfältig damit umzugehen. Dabei meine ich aber kein krampfhaftes Zeitsparen, denn wir lernen ja von dem Friseur: Wenn man beim Arbeiten ständig auf die Uhr sieht und versucht, einen Kunden in 20 statt in 30 Minuten abzufertigen, dann geht der Spaß an der Sache verloren. Durch diese Hektik werden die Tage kürzer und die gesparte Zeit verschwindet. Man weiß nicht, wohin. (Vermutlich nicht in einem Keller, um dort zu Zigarren gedreht zu werden, aber irgend etwas Ähnliches.) Bevor der Friseur auf die Idee mit dem Zeitsparen kam, war sein Tag ausgefüllt und seine Arbeit machte ihm Freude. Außer für Seifenschaum und Scherengeklapper fand er noch Zeit zum Plaudern. Die Work-Life-Balance bestand darin, bei der Arbeit lebendig zu sein. 

Von Beppo Straßenkehrer lernen wir über das Kehren einer langen Straße: "Man darf nie an die ganze Straße auf ein Mal denken." Man konzentriert sich auf einen Schritt nach dem anderen und: "Auf ein Mal merkt man, dass man Schritt für Schritt die ganze Straße gemacht hat." 
Genau so schreibe ich meine Bücher und bearbeite alle anderen großen Projekte: einen Schritt nach dem anderen, ohne daran zu denken, wie viele Seiten noch vor mir liegen. Sonst tritt nämlich der von Beppo beschriebene Effekt ein: Man arbeitet und arbeitet, und stellt dann fest, dass man von der langen Straße nur einen kleinen Teil geschafft hat und wird ganz mutlos.

In meinem Gehirn klingelte es, als in diesem doch etwas älteren Buch schon das Lied vom Fachkräftemangel gesungen wird. Daraus folgt, dass man auch die Kinder zum Zeitsparen erziehen muss. Sie dürfen nur wohl organisierte, lehrreiche Spiele im Kinderdepot spielen. Eigene Kreativität, Freiheit und vor allem den eigenen Rhythmus zu finden, das ist unerwünscht. Da ich gerade ein Buch über Kreativität schreibe, denke ich, dass genau das den jüngeren Generationen fehlt. Wenn ich mir vorstelle, ich sei 20 Jahre später geboren, dann hätte ich mich vermutlich im Internet verloren mit den vielen Informationen und Angeboten. Wissensdurstig  hätte ich dort vor allem Sinnvolles konsumiert, aber ich wäre nicht diejenige, die ich heute bin. Das Hochleistungsgehirn braucht beides: konzentrierte, rationale Arbeit abwechselnd mit Gelegenheiten zum Gedankenschweifen wie beispielsweise beim Joggen und Wandern. Ich bin auch sehr froh, dass wir damals nur drei Fernsehprogramme hatten. Wir haben also noch draußen in der Natur gespielt und uns gegenseitig Geschichten erzählt. Das sieht man heute überhaupt nicht mehr, die umherziehenden Kinderhorden. So als würden alle Kinder an irgendwelchen Bildschirmen kleben. Nicht gut. 

Mit Besorgnis sehe ich auch den Trend unter Studierenden zum "Quantified Me" mit Trainingsprogrammen, Schritt- und Kalorienzählen und dergleichen. Der wichtigste Maßstab für das Richtige muss doch das eigene Wohlgefühl sein und das muss man in unserer rationalen Welt erlernen und trainieren, sonst geht es verloren unter künstlichem Licht und am Bildschirm. 

Kurz und gut: Das Buch ist immer noch aktuell, nur dass es inzwischen noch schlimmer steht. Denn die grauen Herren sagen noch "Kinder zuletzt", denn Kinder lassen sich am schwersten zum Zeitsparen bringen. Ich weiß nicht, ob das noch gilt. :-( 

Ich sehe dabei die Gefahr, dass die gehetzten, überforderten Menschen nicht nur phantasielos und krank werden, weil sie ihre eigenen Bedürfnisse nicht spüren, sondern sie ignorieren die Bedürfnisse anderer mit derselben Kälte. Mitgefühl und Hilfsbereitschaft für andere erwachsen aus dem Mitgefühl mit sich selbst!

Für meine Heilung des Burnouts ist es jedenfalls eine wichtige Maßnahme, dass ich meine Grenzen wieder zu fühlen übe, nachdem ich sie jahrelang ständig überschritten habe. Wann bin ich zu müde zum Weiterarbeiten? Wann brauche ich eine Pause? Was strengt mich an und was nicht? Ich gebe mir ganz gezielt keine Zeitbudgets vor, innerhalb denen ich eine bestimmte Aufgabe erledigt haben muss. Sobald ich fertig bin, werde ich notieren, wie lange ich für diesen Artikel gebraucht habe. Als reine Information. Und danach frage ich meinen Bauch, ob nun Abendessen folgt oder noch etwas Arbeit. 

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ADHD von Hochbegabung unterscheiden können

In der allgemein verbreiteten Küchenpsychologie sind ja ADHD, Hochbegabung und Autismus sowieso dasselbe. So denken viele, wer gut in Mathe ist, sei zwangsläufig Autist. Dabei sind nicht alle Autisten Mathegenies und umgekehrt nicht alle intelligenten Menschen Autisten. Das sind nur spezielle "Idiots Savants", die wegen dem starken Gegensatz von hohem IQ und niedrigem EQ besonders auffallen. Aber IQ und EQ sind im Wesentlichen unabhängig voneinander. Man kann auch ein dummer Autist oder ein hochsensibler Hochbegabter sein. Eltern, deren Kinder wegen ADHD den Unterricht stören, hoffen gerne mal, es handle sich um ein unfehlbares Anzeichen von Hochbegabung. Aber auch den Profis unterlaufen Fehldiagnosen. In einem Artikel beschreiben Webb und Latimer den Unterschied zwischen ADHD und Hochbegabung. Jetzt frage ich mich nur... was wollte ich gerade sagen? Scherz. :-)

 

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Das Schulfest


Mir fiel neulich eine Geschichte aus meiner Grundschulzeit ein, die ganz repräsentativ für das ist, was im Berufsleben vor sich geht.
An einem Samstag war Schulfest. Unsere Klasse hatte Bastelarbeiten gemacht, die an einem Stand verkauft werden sollten. Damit den ganzen Tag der Stand besetzt ist, waren drei Schichten zu jeweils zwei Stunden zu besetzen. Meine beste Freundin und ich meldeten uns freiwillig und wurden für die mittlere Schicht eingeteilt. 
Am Morgen kam ich also zum Schulfest und drehte erstmal eine Runde, um zu sehen, was es alles gab. Unter anderem gab es eine Schatzgräber-Station, wo man im Sand buddeln und Schätze finden konnte. Das wollte ich unbedingt machen, aber momentan war die Attraktion noch nicht ganz aufgebaut. Ich müsse später wiederkommen. Überhaupt war noch nicht viel los. Da meine Eltern mich zur Zuverlässigkeit erzogen hatten, ging ich also los, um nachzusehen, wo sich unser Stand befindet. Damit ich ihn dann später, wenn meine Schicht beginnt, gleich finde und nicht erst suchen muss. Der Stand war schon aufgebaut, die beiden Mitschüler vor Ort.
Als sie mich sahen, sagten sie: "Oh, da kommt die Ablösung!"
Ich natürlich: "Nein, ich bin noch nicht dran, erst später. Ich wollte nur mal den Stand ansehen."
"Ach, wenn du schon da bist, kannst du ja gleich übernehmen."
Sie sahen einander an und spurteten los, bevor ich erneut widersprechen konnte. Ich stehe also nun ratlos vor dem Stand, dahinter ist niemand. Wie gesagt, ich wurde zur Zuverlässigkeit erzogen und konnte den Stand darum nicht unbeaufsichtigt lassen. Also ging ich dahinter und wartete darauf, dass die Lehrerin oder sonst jemand kommt, dem ich sagen kann, dass meine beiden Vorgänger sich verdünnisiert haben, damit man sie zurück hole. 
Die Lehrerin kam auch kurz vorbei und stellte zufrieden fest, dass alles in Ordnung ist, der Stand ist besetzt. Ich erklärte ihr, dass ich noch gar nicht dran sei, sondern nur hier stehe, weil meine Vorgänger weggelaufen sind. Sie schien zu denken, ich wolle dafür gelobt werden, lobte mich und ging weiter. Ich rief ihr nach, aber das beachtete sie nicht. Ich lief ihr nach und versuchte, ihr das Problem erneut zu erklären. Aber sie meinte, es gäbe kein Problem. Ich hätte ja schließlich freiwillig den Standdienst von meinen Kollegen übernommen. Also musste ich die Schicht fertig besetzen. 
Immerhin würde dann demnächst meine Freundin kommen, dann wäre das alles weniger langweilig. Die Freundin erschien dann auch kurz, aber nur um mir zu sagen, dass sie jetzt gleich einen Auftritt mit ihrer Tanzgruppe habe und sie vorher noch proben müssen. Ich wundere mich, dass sie überhaupt zwei Verpflichtungen gleichzeitig annahm, sah aber ein, dass die Tanzgruppe vorging. "Komm danach aber unbedingt hier her! Alleine ist es so langweilig!", rief ich ihr noch nach. Ich sah sie an dem Tag nicht wieder.
Die Lehrerin kam erneut vorbei und sah erfreut, dass der Stand besetzt ist. Da es tatsächlich meine Schicht war, für die ich mich verpflichtet hatte, machte ich gute Miene zu bösem Spiel. 
Sie lobte mich auch für mein Lächeln und meinte: "Das Mädchen von heute Morgen war etwas faul, das wollte plötzlich seine Schicht abgeben."
Als die zweite Schicht zu Ende ging, freute ich mich schon darauf, dass die Ablösung kommt und ich endlich zum Schatzgraben gehen kann. Nur: Die Ablösung kam nicht! Ich musste also weitermachen, denn wie gesagt hatten meine Eltern mich zur Zuverlässigkeit erzogen. Ich konnte darum den Stand nicht unbeaufsichtigt lassen. 
Die Lehrerin kam erneut vorbei und freute sich, dass der Stand besetzt ist. Ich versuchte ihr zu erklären, dass die Ablösung nicht gekommen sei. Sie verstand das Problem nicht. Ich sei doch da. "Ja, aber die, die eigentlich jetzt dran wären, die sind nicht gekommen."
"Aber du bist doch jetzt dran, sonst wärst du nicht gekommen."
"Nein, ich bin noch von der vorherigen Schicht."
"Und warum machst du dann Standdienst, wenn du nicht dran bist?"
"Ich kann doch den Stand nicht unbeaufsichtigt lassen!"
"Also, wo ist dann das Problem?"
Damit ging sie wieder.
Irgendwann wurden es immer weniger Leute und ich hörte Sätze wie "Dann gehen wir mal nach Hause. Die Stände werden schon abgebaut."
Da begann ich ganz schrecklich zu weinen. Ich hatte fast das gesamte Schulfest hinter dem Stand verbracht! Dass da ein kleines Mädchen sitzt und weint, das wurde dann doch bemerkt. Ich wurde gefragt, was denn los sei und ich erklärte das ganze Drama. Man fragte mich nach dem Namen meiner Lehrerin und versuchte, diese zu finden, aber vergeblich. Schließlich nahm mich jemand an der Hand und meinte, der Stand sei nicht so wichtig. Was ich denn gerne machen wolle. Ich sah meine Chance gekommen: endlich Schatzsuche! Leider wurde die Sandkiste schon abgebaut und der Mann meinte: "Da hättest du früher kommen müssen!" Ich weinte wieder. "Und außerdem sind ja auch gar keine Schätze mehr da."
Ich sah in dem Sand noch etwas Blaues schimmern, wagte aber nicht, darum zu bitten. Ich war völlig erschüttert. Schließlich nahm mich die Dame wieder an die Hand und sagte, sie wolle mal sehen, ob es nicht doch noch etwas gäbe, was ich machen könne.
Tatsächlich konnte ich dann noch einen Blumentopf bemalen. Ich wusste, dass man nun von mir erwartete, dass ich fröhlich bin, aber das Malen machte gar keinen Spaß. Ich konnte kaum das Schluchzen unterdrücken. Aber ich malte tapfer, damit ich hinterher überhaupt etwas habe. 
Am Montag lobte die Lehrerin uns alle sechs. "Ich habe gehört, dass ihr euch selbst organisiert und untereinander die Schichten getauscht habt. So viel Selbständigkeit hätte ich euch gar nicht zugetraut! Aber es hat wunderbar geklappt, am Stand war immer jemand da."
Wir wunderten uns alle sechs. Ich besonders. Offensichtlich hatte die Lehrerin gar nicht verstanden, dass den ganzen Tag immer dasselbe Mädchen am Stand gearbeitet hatte!  

Das Traurige ist, dass es im Berufsleben nicht anders zugeht als in der Grundschule. Die Kollegen drücken sich vor der Arbeit, wo sie nur können. Und der Chef sieht es nicht als seine Aufgabe, die Arbeit gleichmäßig zu verteilen. Im Gegenteil. Es passiert immer wieder, dass ich provisorisch Aufgaben übernehme, für die ich gar nicht zuständig bin, einfach, weil irgendjemand es ja machen muss. Ich habe beispielsweise für ein Arbeitspaket schnell eine Aufgabe erledigt, weil niemand dafür zuständig war. Anschließend musste ich aber dann alle in dem Arbeitspaket anfallenden Aufgaben erledigen und wenn ich den Chef bat, endlich einen Zuständigen für das Paket zu finden, wurde mir erklärt, ich sei zuständig, denn schließlich habe ich es freiwillig übernommen. Ja, das war genauso freiwillig wie die drei Schichten beim Schulfest. Es war ja sonst niemand da, der es gemacht hätte! Und dass andere für die Arbeit gelobt werden, die ich gemacht habe, ist eh normal. Gerade dann, wenn das Ergebnis besonders gut ist, kann es ja nur von einem Mann stammen. 
Das Traurige ist, dass in unserer Arbeitskultur zuverlässige Mitarbeiter, die im Notfall einspringen, gar nicht geschätzt und gewürdigt werden. Im Gegenteil. Wenn ich lange genug 200 % gearbeitet habe und dann reduzieren möchte, wirft man mir noch Faulheit vor. Die Chefs haben üblicherweise keinen Überblick darüber, wer tatsächlich wie viel arbeitet und würden es auch nicht merken, wenn die ganze Arbeit von derselben unscheinbaren, müden Person erledigt würde. Und falls sie es bemerken, verunglimpfen sie diese Person noch, weil sie selbst nie so hart arbeiten würden. Es muss also ein persönlicher Defekt vorliegen.
Regelmäßig wundere ich mich, dass in deutschen Firmen überhaupt noch Ergebnisse produziert werden bei so einem Führungsstil und dieser Arbeitseinstellung. Wobei ich voll verstehen kann, dass die Kollegen sich vor der Arbeit drücken, wenn gute Leistung sowieso nicht anerkannt wird. Nur irgendeiner muss sie halt machen und da kann ich nicht aus meiner Haut. Schon traurig, wenn man wegen Zuverlässigkeit nicht teamfähig ist. Aber als Selbständige ist es besser. Für die erledigte Arbeit erhalte ich Anerkennung in Form von Geld. Als Angestellte reduziere ich durch hohes Engagement nur einfach meinen Stundensatz, das fühlt sich sehr blöd an. 

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IT-Ausfall - nicht so leicht zu beheben

Den Profis geht es auch nicht besser als uns Privaten, wenn das Betriebssystem streikt. Die gestern kurzfristig bereitgestellte Lösung ist nicht leicht einzusetzen. Der Remote-Zugriff des Admins funktioniert nicht, wenn das Betriebssystem außer Betrieb ist. Der Admin muss sich physisch zum Computer begeben, so wie früher, als bequeme Schuhe zur Berufskleidung des Admins gehörten. Und für das Einspielen des Fixes benötigt man einen recovery key, an den man nun eventuell gar nicht dran kommt, weil er auf einem nicht funktionierenden Server gespeichert ist. Ich hab schon von Hacker-Angriffen gehört, die leichter zu reparieren waren als das! Hier ein Artikel über diese Schwierigkeiten.

Ich denke, das Grundproblem ist die totale Abhängigkeit von Computern durch die Digitalisierung. Denn so etwas kann jederzeit passieren. Zu komplex ist das Zusammenspiel von Hardware, Betriebssystem, Softwareanwendungen, Browsern und Sicherheitssoftwares, denn von jeder dieser Komponenten gibt es zahlreiche Varianten. Wie viele Kombinationsmöglichkeiten!! Die alle gründlich zu testen ist schwierig. Also läuft es auf Bananensoftware hinaus, die beim Kunden reift. Das nennt sich auch iterative Entwicklung: ausrollen, auf Fehlermeldung vom Anwender warten, Fehler beheben, Fix ausrollen und so weiter. Fail fast = fast Feedback, haha. Je mehr Abläufe von Computern abhängen, umso schwerwiegender die Folgen. Resilienz bedeutet, immer noch eine analoge Offline-Prozessvariante in Petto zu haben.

Das ist auch einer von mehreren Gründen, warum ich noch kein Smartphone habe. Das Smartphone ist bei den meisten Menschen der single point of failure. Wenn der Akku leer ist, das Smartphone herunterfällt und zerbricht, dann ist man, wie es mal jemand in einer Kurzgeschichte nannte "ein Dingsbums ohne ID". Also ein hilfloses Nichts, das kaum seine Existenz beweisen kann. Und die digitale Firma ist beim Computercrash auch hilflos. Mir erzählte jemand, dessen Arbeitgeber gehackt wurde, dass sie sich damals schwer taten, neue, saubere Computer zu kaufen, weil der Einkauf ja auch digital funktionierte.

So gesehen bin ich auch nicht amused davon, dass die Bahn die Aushangfahrpläne nach und nach aussterben lässt. Nach dem Motto "Die Fahrgäste haben ja alle ein Smartphone und können die Fahrpläne online abrufen."

Man sollte sich viel mehr Gedanken über Resilienz und Redundanz machen!

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